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geschrieben von Monika Minder, 2021

Hoffnungsvoll und zuversichtlich

Hoffnungsvoll und zuversichtlich sein, was heisst das eigentlich? Auf sich selbst vertrauen oder eher auf eine übergeordnete Kraft? Hoffnung wirkt auf mich immer ein bisschen passiv. Zuversicht zu mystisch. Das muss aber nicht sein. Däumchen drehen und auf bessere Zeiten warten, kann gerade für einen kranken Menschen ein Genesungsweg sein. Wobei Däumchen drehen gar nicht einmal so passiv sein muss, sondern im Sinne von, ich tue mir Gutes, ich lasse mir Zeit, ich denke darüber nach... angesehen werden kann.

Wer sich über längeren Zeitraum Vieles gefallen lässt und hofft, er/sie/es wird sich schon ändern, fällt höchstens in einen unzufriedenen Zustand, und wird mit der Zeit aggressiv. Gerade bei Problemen in Arbeitsverhältnissen oder in familiären- und partnerschaftlichen Bereichen. Hoffnung allein reicht nicht aus, um eine Veränderung herbeizuführen. Irgendwann nagen Kompromisse an der Gesundheit. Sich nicht wehren, schwächt das Abwehrsystem.

Hier brauchen wir Zuversicht. Vertrauen in uns selbst. Bewusst wahrnehmen, was wir als ungerecht empfinden und sehen, was wir an Möglichkeiten zur Veränderung haben, und wie wir diese umsetzen können. Ein Bewusstwerden auch unserer eigenen Ressourcen, der Stärken und Begabungen. Zuversicht ist die Sicht auf eine veränderte Zukunft. Eine Sicht, die sich in der Hoffnung ordnet und selbstbewusst mit den vorhandenen Möglichkeiten, sind sie auch noch so klein, vorwärts geht. Dabei lernen wir ansprechen, konfrontieren, aussprechen, diskutieren, und uns verständlich machen. Und vielleicht, wenn alles nichts hilft, eine klare Entscheidung treffen.

Wach sein für das, was ich brauche und Mut, das Mögliche möglich zu machen, ohne das Risiko auszublenden. Sich selbst vertrauen, impliziert sich seiner selbst bewusst zu sein, was wiederum selbstbewussteres Handeln möglich macht. Damit sind keine Do-it-yourself-Anleitungen gemeint, die wir heute oft plakativ vorgekäut bekommen. Zum selbstbewussten Handeln brauchen wir keine Geräte, die uns kontrollieren oder sagen, was wir zu tun und zu lassen haben. Das Gegenteil wird damit bewirkt. Wir machen uns abhängig und vertrauen irgendwann nur noch technischen Hilfsmitteln und nicht mehr uns selbst.

Wie mehr dieser Überwachungsgeräte wir einsetzen, wie mehr schüren wir Angst. Ein ewiger Kreislauf, der uns entfernt und entfremdet von uns selbst. Nicht mehr angesprochen, verlieren wir nach und nach das Vertrauen in unseren eigenen Körper, in unsere eigenen Ressourcen. "Zwar gibt die Technik die Illusion der Macht, letztlich aber ist sie nur der Verlust alles Menschlichen", sagte Gabriel Marcel.

Die Fragen nach Hoffnung und Zuversicht haben angesichts der Pandemie nichts an Aktualität verloren. Unter dem Scheffel des Wirtschaftswachstums sind wir zu Sklaven geworden. Vielen fehlt es an Mut. Die Aufmüpfigkeit zeigt sich höchstens in Gewalt, Zynismus und Ironie und nicht dort, wo sie hingehörte.

(© Monika Minder, 22. Sept. 2021)

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